Donnerstag, 13. Februar 2014

Herr Matussek, was haben Sie sich denn dabei gedacht?

Ich sitze gerade hier und lese den  Artikel über Homophobie, den der Journalist Matthias Matussek für die "Welt" geschrieben hat. Was ist das denn bitte? Kann das denn wahr sein?

Da sitzt ein Journalist, und spielt sich auf, wie der Obergelehrte. Igitt! Bei all den Zitaten von Aristoteles, Spaemann, bei den Zitaten von spanischen Kirchenmännern und sonstigen Gelehrten. Bei all der geheuchelten Toleranz und Weltoffenheit, Herr Matussek, sind Sie doch wirklich eine arme Wurst. Sie sprechen davon, dass der liebe Gott alle Geschöpfe liebt? Ooh, das ist aber nett von Ihnen! Und so gnädig!

Sie zitieren eine vierfache Mutter. Allein die Art und Weise, WIE Sie es tun, hat für mich einen faden Beigeschmack. Hat eine vierfache Mutter besondere Kompetenz in der Diskussion? Mehr,  als eine zweifache Mutter? Als gar keine Mutter? Als ein Mann? In welchen Zeiten leben wir denn eigentlich? Bei den Aussagen dieser Mutter wollen wir doch mal für sie hoffen, dass ihre Kinder alle vier heterosexuell sind, ordentlich heiraten und wiederum heterosexuelle Kinder bekommen werden. Was würde sie denn sonst machen?

Ja, sie sind homophob. Was daran gut sein soll, erschließt sich mir allerdings überhaupt nicht. Und warum haben sie denn solche Angst vor Homosexualität? Sind es wirklich die Kinder, die sie vorschieben? Ich bin zwar nur Mutter von ZWEI Kindern, aber ich erzähle Ihnen jetzt mal etwas:

Kinder brauchen nicht die Polarität der Schöpfung für ihre Entwicklung. Was Kinder brauchen sind glückliche Eltern, eine glückliche Kindheit und die  Gewissheit, dass sie bedingungslos geliebt werden. Sie brauchen Sicherheit, sie brauchen das Gefühl, dass sie toll sind, egal, wer, was und wie sie sind. Dass sie sich entwickeln können, so, wie es ihnen gut tut. Dass alles richtig ist, solange es gut tut und niemand verletzt wird. Und das heißt selbstverständlich auch, dass sie lieben können, wen sie wollen.

Die neue Form von Wertevermittlung an den schwäbischen Schulen finde ich persönlich übrigens total klasse. Nur so lernen die Kinder, das es verschiedene Lebensformen gibt. Dass es hetero- und homosexuelle Menschen gibt, dass es Menschen gibt, die sich im falschen Körper fühlen und dass man auch beide Geschlechter lieben kann. Und vor allem, dass man das alles auch sein DARF. Das alles normal und gut ist und dass man sich für nichts schämen muss.

Wenn unsere Kinder diese Liebesvarianten schon in jungen Jahren auf einfache Art und Weise lernen,  dann sind solche engstirnigen Menschen wie Sie, Herr Matussek, vielleicht irgendwann ausgestorben. Das wäre doch ein Erfolg. Dann brauchen wir keine vorgeschobenen Freundinnen und Ehemänner von Sportlern und Musikern, dann muss niemand mehr in Heimlichkeit oder gar in Angst leben. Niemand im falschen Körper unglücklich sein. Das wäre ein Ziel. Nichtwissen fördert Angst. Höchste Zeit, etwas gegen diese Angst zu unternehmen. Aufklärung kann zur Normalität führen.

Vor ca. 100 Jahren hatte man noch Angst, die Welt ginge unter, wenn Frauen in der Politik mitbestimmen dürfen, und was ist passiert? Die Welt dreht sich weiter und so richtig leiden tun wir ja auch nicht, oder? Also, sprengen wir weitere verknöcherte Strukturen und werden wir in unserem Denken freier.

Es ist nicht wichtig, ob jemand schwul oder lesbisch ist. Es ist wichtig, ob jemand ein guter Mensch ist oder nicht. Und damit meine ich nicht die anstrengenden Gutmenschen. Wo kommen wir denn hin, wenn sich jeder über den Anderen erheben darf und seine Neigungen und Lebensweise be- und verurteilen darf. Und vor allem, wo hört es auf? Ist dann auch die Familie besser, in der die Mutter mit zum Lebensunterhalt beiträgt oder doch vielleicht eher anders herum? Ist eine Frau mit Kindern wertvoller als eine kinderlose? Sind dann irgendwann bei uns die Jungen auch mehr wert als die Mädchen? Das kann doch nicht unser Ziel sein.

Es gibt so unglaublich viele Kinder auf der Welt, die gar keine Eltern haben, die in Not und Elend leben müssen, die misshandelt werden und die man verhungern lässt. Und das, lieber Herr Matussek, DAS ist defizitär! Und da gibt es MENSCHEN, die sich um diese Kinder kümmern wollen. Die helfen möchten und Liebe geben können, und das ist toll. Sie können Kindern ein Zuhause geben, sie lieben, fördern, sie erziehen und unterstützen. Da ist es doch ehrlich gesagt völlig egal, welches Geschlecht diese Menschen haben. Ob sie alleinerziehend sind, ob sie verheiratet sind, ob sie hetero- oder homosexuell sind.

Ich glaube an den gesunden Menschenverstand, an Nächstenliebe und an das Recht auf's Glücklich sein. Leben und Leben lassen. Und dann ist das auch gut so.

Liebe Grüße von
Sandra




5 Kommentare:

  1. Es gibt Heteros und Homos. Und dann gibt es noch arme Würstchen, Herr Matussek. Ich wünsche Ihnen, dass Sie einfach noch einmal darüber nachdenken, zu welcher Gruppe sie gerne gehören möchten.

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  2. Das wundert mich jetzt gar nicht. Ich kenn' den Herrn Matussek von seinen Ergüssen im SPIEGEL und der hat wirklich überdurchschnittlich konservative Muttermilch abbekommen....
    Ich bemühe mich andauernd, gegen die - gerade in den Schulen noch sehr verbreitete - Häme gegen Homosexuelle anzugehen, da gilt "schwul" immer noch als Schimpfwort. Wehret den Anfängen! Das hast du gut geschrieben. Lg

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  3. Liebe Sandra,
    ich kenne den Artikel von Herrn Matussek nicht und ich glaube, ich will ihn nach Deinem Post auch gar nicht mehr lesen, denn ich stimme Dir bei jedem einzelnen Deiner Sätze zu. Leider muss ich jetzt doch ein wenig ausholen, verzeih mir. Vor einigen Jahren saß ich mal in einer Frauenrunde von lauter Jungsmüttern und wir kamen auf das Thema, was wäre, wenn einer der Söhne schwul würde (die Kinder waren noch klein). Ich war die EINZIGE, die gesagt hat, dann ist er eben schwul, was ist daran schlimm. Und das in einer Runde moderner, weltoffener (?) Großstadtmütter! Ich dachte eigentlich, wir wären schon weiter.
    Eigentlich gehört Deine Antwort auch in die "Welt", und zwar gleich aufs Titelblatt!
    Liebe Grüße,
    Karin

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  4. Liebste Sandra, so wahre Worte! Meine Nele hat es mal so formuliert (das war sie 4): "Klar können Jungs sich heiraten, sie bekommen dann nur leider keine Babys!" Ich glaube, solche Würstchen wie der Herr Matussek sind spätestens dann gegessen, wenn meine Nele Kanzlerin ist ;)! Und dann können auch schwule Paare irgendwie Babys bekommen, das wird sie dann schon regeln ;)! Ich drück Dich ganz doll, Rieke

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  5. Ich muss gerade an die Dame denken, die mir mal sagte, es solle verboten werden, dass Homosexuelle Eltern sein dürfen. Denn ein Kind brauche Mutter und Vater. Ich habe sie gefragt, ob alleinerziehend zu sein dann auch verboten werden sollte...

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